
Einleitung
In vielen Städten existieren Orte im öffentlichen Raum, die von zahlreichen Menschen als unsicher oder bedrohlich wahrgenommen werden. Diese sogenannten Angsträume entstehen häufig in Stadträumen mit schlechter Beleuchtung, geringer Frequentierung oder eingeschränkter Übersicht. Das Gefühl von Bedrohung ist dabei oft unabhängig von der tatsächlichen Gefahr – es ist vor allem ein subjektives Empfinden, das das Mobilitäts- und Nutzungsverhalten im Alltag stark beeinflusst. Studien zeigen zum Beispiel, dass deutlich mehr weiblich gelesenen Personen als männlich-gelesene Personen von Gefühlen der Unsicherheit im öffentlichen Raum berichten, insbesondere nachts. Dieser Unterschied im Sicherheitsempfinden schränkt ihre Teilhabe am städtischen Leben ein und führt zu Vermeidungsverhalten (zum Beispiel zu Fußgängerrouten oder Zeiten, die als sicher gelten, zu wechseln).
In der Fachliteratur wird zunehmend betont, dass die Gestaltung solcher Orte ein zentrales Element gendergerechter Stadtplanung sein muss. Städte wurden historisch vielfach von einem männlich dominierten Stadtplanungskanon entworfen und gebaut. Traditionelle Planungsprozesse konzentrierten sich lange auf die Bedürfnisse (Häuslichkeit, Mobilität) eines dominierend männlichen, heterosexuellen, gesunden Musternutzers, was dazu führte, dass Aspekte, die speziell für Frauen, LGBTQA*-Personen oder Menschen mit Behinderungen wichtig sind, vernachlässigt wurden. So bleibt häufig unberücksichtigt, wie sich bestimmte Orte durch mangelnde soziale Kontrolle, fehlende Beleuchtung oder fehlende Aufenthaltsqualitäten für andere Bevölkerungsgruppen, besonders nachts, anfühlen.
In diesem Kontext wurde ein FLINTA*-Workshop zum Thema Angsträume durchgeführt, in dem die Bedürfnisse von Frauen, Lesben, Inter-, Nichtbinären, Trans- und Agender-Personen im Fokus standen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit erfolgt eine exemplarische Beschreibung und Auswertung dieses Workshops. Zunächst erfolgt eine theoretische Einbettung, in der zentrale Begriffe und Konzepte der gendergerechten Stadtplanung und feministischer Theorie erläutert werden (etwa funktionale Mischung, Sichtachsen, Care-Arbeit, partizipative Planungsmethoden). Im Anschluss erfolgt die Darlegung des methodischen Vorgehens des Workshops sowie die Zusammenfassung der konkreten Arbeitsergebnisse. Im Hauptteil dieser Arbeit erfolgt eine Reflektion der Workshop-Ergebnisse vor dem Hintergrund der genannten Theorien und Praxiskonzepte. Im Rahmen der Analyse wird erörtert, inwiefern die Vorschläge der Teilnehmerinnen mit bewährten Planungsprinzipien übereinstimmen oder diese um geschlechterspezifische Perspektiven ergänzen. Der Fokus der Untersuchung liegt auf der Analyse der Beiträge von funktionaler Mischung, Belebung und sozialer Kontrolle zur Steigerung der Sicherheit, der Berücksichtigung von Care-Aspekten (wie Betreuungsinfrastruktur oder Aufenthaltsqualität) und der Identifizierung struktureller bzw. institutioneller Ursachen für die Existenz von Angsträumen. Abschließend wird ein Ausblick gegeben, welche Veränderungen in der Ausbildung von Planenden und in der Planungspraxis notwendig sind, um Städte für alle Bewohner:innen sicherer und lebenswerter zu gestalten.

Angsträume – Definition und Wahrnehmung
Angsträume werden in der Stadtpsychologie und –planung als Orte definiert, die bei Personen ein Gefühl von Unsicherheit oder Bedrohung hervorrufen, obwohl dort nicht zwingend mehr Kriminalität stattfindet als anderswo. Entscheidend sind Faktoren wie Dunkelheit, Unübersichtlichkeit und fehlende Sichtachsen. Eng bebaute, schlecht beleuchtete Gassen oder ungestaltete Plätze ohne Fußgänger*innen wirken potenziell angstfördernd, insbesondere nachts. Oft wird die Gefahr, im öffentlichen Raum Opfer einer Straftat zu werden, überschätzt. Dennoch haben diese Ängste reale Konsequenzen: Menschen meiden gezielt bestimmte Wege oder Verkehrsmittel (z.B. eine abgelegene U-Bahn-Station mit schwacher Beleuchtung) und beschränken ihr nächtliches Ortsnutzungsverhalten. In Extremfällen zieht sich jemand nahezu vollständig aus dem öffentlichen Raum zurück, um dem subjektiven Angstausmaß zu entgehen. Durch solche Vermeidungsreaktionen werden nicht nur individuelle Mobilität und Teilhabe eingeschränkt, sondern auch ökologisch günstige Verkehrsmittel (Fuß-, Radverkehr, öffentliche Verkehrsmittel) weniger genutzt, was zudem der Nachhaltigkeit einer Stadt schaden kann.
Empirische Erhebungen verdeutlichen den geschlechterspezifischen Aspekt: Typischerweise geben Frauen ein deutlich höheres Maß an Befürchtungen an. Beispielsweise zeigten Umfragen, dass rund 40–45 % der Frauen sich eher unsicher bis sehr unsicher im öffentlichen Raum fühlen, verglichen mit nur etwa 30 % der Männer. Diese Verunsicherung führt dazu, dass Frauen in vielen Städten ihre Interaktionen mit dem öffentlichen Raum anpassen – sie gehen nachts nur in Gruppen raus, wählen hell beleuchtete Routen oder warten länger auf Busse, bis genügend andere Fahrgäste da sind. Eine Stadtplanung, die das legitime Sicherheitsbedürfnis aller Geschlechter ernst nimmt, muss solche empirisch belegten Unterschiede berücksichtigen.
Entstehungsursachen von Angsträumen sind komplex und historisch gewachsen. Einer gängigen These zufolge wurde die moderne Stadt vor allem für die Bedürfnisse erwerbstätiger Erwachsener konzipiert –traditionell meist Männer, die tagsüber in der Stadt arbeiteten und abends wieder nach Hause gingen. Faktoren, die nachts Ängste auslösen (Dunkelheit, Stille, unzugängliche Räume), wurden dabei nicht berücksichtigt. Räume, die sich zu bestimmten Zeiten komplett entvölkern (Büroviertel, Einkaufsstraßen außerhalb der Öffnungszeiten), bleiben unbelebte Zonen. Durch die lange Verfolgung des Konzepts einer Auto freundlichen Stadt, ist der urbane Kontext durch etwa Stadtautobahnen zerrissen, diese Strukturen tragen ebenfalls zu Abgeschiedenheit bei. Die physische Struktur ist nur ein Teil; hinzukommt, wer sich an einem Ort. Das Fehlen des „vertrauten Fremden“ – wie von Jane Jacobs beschrieben – reduziert die soziale Kontrolle und das Gefühl der Sicherheit. Fehlende Mischnutzungen (z.B. keine Cafés, keine Läden, keine Spielplätze in der Nähe) führen dazu, dass Orte nie wirklich lebendig sind.
Zur Vermeidung von Angsträumen empfehlen Expert:innen daher insbesondere drei Prinzipien (geprägt von Jacobs 1961):
Klare Abgrenzungen zwischen privaten und öffentlichen Bereichen, damit kein Rand-Raum entsteht, den niemand eigentlich nutzen möchte.
Dauerhafte Belebung von Straßen und Plätzen; je mehr Menschen sich dort tagsüber wie nachts aufhalten, desto stärker das subjektive Sicherheitsgefühl.
Gebäude und Fenster sollten zum öffentlichen Raum hin orientiert sein („Eyes on the street“): Wo Menschen aus Fenstern auf Gehsteige schauen, trägt das zum beruhigenden Gefühl bei, nicht allein zu sein.
Darüber hinaus sind gute Beleuchtung und ein durchlässiger Vegetationsplan auf Straßen und Wegen wesentliche Gestaltungsfaktoren. Lichtquellen sollen die Sichtachsen ausleuchten. Grüne Elemente wie Hecken und Sträucher sollten so angelegt sein, dass sie einerseits Aufenthaltsqualität bieten, andererseits aber nicht vollständig die Sicht versperren. In vielen Beteiligungsstudien gaben die Befragten als wichtigste Abhilfe für Angsträume gerade „gute Beleuchtung“ sowie „Durchsicht“ an. Diese Maßnahmen können kurzfristig umgesetzt werden und wirken an Orten, die sonst düster wirken, sofort entspannend.
Eine besonders wirksame Strategie liegt in der funktionalen Durchmischung (Mixed-Use, 15-Minuten-Stadt). Dabei sorgen kurze Fußwege zu verschiedenen Nutzungen (Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Freizeit) dafür, dass Quartiere auch außerhalb der Bürozeiten belebt sind. So entstehen über den Tag verteilt lebendige Nachbarschaften, in denen Menschen vertraute Gesichter aus ihrer Umgebung treffen. Das reduziert den Fremdheitsfaktor und damit die Angst vor Unbekannten. Städte mit gemischten Nutzungen fördern das Modell des „vertrauten Fremden“ (Milgram 1977): Regelmäßige, aber häufig oberflächliche Begegnungen im Viertel steigern das Sicherheitsgefühl. Im Sinne einer Gender-Planung ist dies wichtig, weil viele Aktivitäten (z.B. Kinderbetreuung, Einkauf) nicht strikt von 9 bis 17 Uhr stattfinden.

Feministische Planungsansätze
Die feministische Stadtplanung erweitert diese Sicht in mehrfacher Hinsicht. Zunächst stellt sie fest, dass eine allein technische Lösung (z.B. Kameras oder Polizeistreifen) nicht ausreicht. Vielmehr wird der öffentliche Raum als soziales Geflecht verstanden, in das Macht- und Sorgeverhältnisse einfließen. Feministische Theorien betonen daher explizit Aspekte wie Fürsorge (Care-Arbeit), Nachhaltigkeit und Inklusion. In Abgrenzung zu traditionell „technokratischen“ Methoden zielt feministische Stadtplanung auf eine partizipative, lebensweltorientierte Praxis, die Alltagsbedürfnisse verschiedener Nutzer:innen ernst nimmt. Sie betrachtet Architektur und Städtebau als soziales Handwerk: Öffentlichkeitsarbeit, Bildung und Zusammenarbeit aller Interessierten werden gleichwertig neben Entwurfsaktivitäten gestellt. Ein Beispiel hierfür sind die „Spaces of Care“, ein Konzept, das auf die Schaffung von Orten achtsamer urbaner Infrastruktur abzielt – dazu gehören kinderfreundliche Plätze, öffentliche Sitzgelegenheiten für ältere Menschen oder insektenfreundliche Grünanlagen. Die Planung legt dabei Wert auf nachhaltige Materialwahl, klimatische Resilienz und gemeinwohlorientierte Funktionen.
Ein zentrales Element dieser Ansätze ist die Partizipation. Feministische Planer:innen argumentieren, dass Entwurfsprozesse gemeinsam mit Anwohner:innen und marginalisierten Gruppen stattfinden müssen, um ihre Lebensrealitäten abzubilden. Methoden wie co-kreative Workshops, Stadtrundgänge mit verschiedenen Perspektiven oder partizipative Kartenzeichnungen werden eingesetzt, um Experimentierräume zu öffnen. Das Kollektiv SPOLKA etwa integriert Bürger:innen in innovative Stadtentwicklung, organisiert partizipative Planungsrunden und Kunstprojekte, um Stadtthemen sichtbar zu machen. Temporäre Interventionen wie Stadtschulen, Wandmalereien oder begehbare Pläne visualisieren Anforderungen und befördern das Gefühl von Mitgestaltungsfähigkeit.
Diese feministische Haltung führt dazu, dass auch die Nutzer*innen kategorisiert werden: Nicht mehr nur „die Öffentlichkeit“ wird angesprochen, sondern explizit Frauen, Kinder, ältere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, Gehbehinderte, Obdachlose usw. bekommen Raum und Mitspracherecht in der Planung. Durch diese differenzierte Perspektive werden Betreuungs- und Versorgungsaufgaben stärker ins Blickfeld gerückt. So gehört zur geschlechtergerechten Quartiersplanung beispielsweise die Frage, wo in einem neu gestalteten Areal Kita-Plätze liegen oder ob es barrierefreie Toiletten für alle Geschlechter gibt. Urbanes Grün wird nicht nur auf Ästhetik, sondern auch auf Aufenthaltsqualität und Sicherheit geprüft.
Feministische Planungsansätze kritisieren zudem die Verzahnung von öffentlichen und privaten Verantwortlichkeiten. Soziale Kontrolle entsteht nach feministischer Sicht nicht nur durch polizeiliche Präsenz oder digitale Überwachung, sondern vor allem durch nachbarschaftliche Netzwerke und geschlechterübergreifender Zusammenarbeit. Dies wird besonders deutlich, wenn Care-Berufe einbezogen, werden: Pfleger:innen, Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen wissen, dass ein sicheres Umfeld Vertrauen schafft. Die feministische Stadtforschung schlägt deshalb vor, Pflege- und Hauswirtschaftsstrukturen mitzuplanen – beispielsweise mehr Gemeinschaftsräume, in denen sich Hausgemeinschaften versammeln, Quartierslieferdienste, die ältere Personen unterstützen und öffentliche Räume an denen die Anwohner:innen zusammenkommen können.
Zusammenfassend plädieren feministische Planungsvisionen für eine ganzheitliche, geschlechtergerechte Stadtentwicklung, in der Planer:innenteam divers aufgestellt sind und in den Prozessen intersektional agiert wird. Es geht nicht nur um „Frauenwerte“ per se, sondern um Vielfalt: Frauen nehmen zwar oft eine fürsorglichere Perspektive ein, aber alle Menschen profitieren von familienfreundlichen Straßen, sicheren Wegen und vielfältigen sozialen Angeboten. Letztlich bedeutet es, das städtische Leben als „grid of private and public activities“ zu betrachten, in dem die diversen Bedürfnisse einer diversen Bevölkerung berücksichtigt werden.
Gender-Mainstreaming in der Stadtplanung
Die Idee des Gender-Mainstreaming wurde in den 1990er-Jahren international eingeführt und besagt, dass alle politischen und planerischen Entscheidungen gleichermaßen die Belange aller Geschlechter berücksichtigen müssen. Viele Städte, darunter Wien, Graz oder Salzburg, haben seitdem formale Programme entwickelt, um Gender-Aspekte in Bauleitplanung, Wohnungsbau und Mobilität einzubeziehen. In Praxisberichten wird hervorgehoben, dass durch Gender-Mainstreaming-Strategien die Planungsqualität gesteigert werden kann, weil vielfältige Nutzungsweisen konsequent durchdacht werden. So entstand in Wien etwa ein Handbuch zur gendergerechten Stadtplanung, das Erfahrungen verschiedener Magistratsabteilungen bündelt. Die Stadt Graz führte Befragungen zur Lebensqualität und spezielle Gender-Sonderauswertungen der Mobilität durch, um Planungsentscheidungen empirisch abzusichern.
Allerdings hat sich in den letzten Jahren in zahlreichen Fallstudien gezeigt, dass Gender-Mainstreaming zwar „im Mainstream angekommen“ ist, allerdings immer neue gesellschaftliche und strukturelle Probleme aufzeigt, es gilt zwar mittlerweile vielerorts als „selbstverständliches Ziel“, Infrastruktur und Raum „für alle“ zu schaffen. Jedoch wird Gendergerechte Planung durch die Folgen einer kapitalistischen und patriarchalen Gesellschaft beeinträchtigt: Sozialer Wohnungsbedarf, fehlenden Digitalisierung und die Klimakriese stellen die Städte und Planer:innen vor komplexe Fragen, wie Sie auf die Lebensrealitäten und sich ausweitenden Ungleichheiten der alternden Bevölkerung und FLINTA*-Personen reagieren können.
Zudem warnen Studien, dass neoliberale Effizienzlogik und personelle Engpässe die Implementierung geschlechtersensibler Maßnahmen behindern. In hektischen Behördenabläufen gerät das Bewusstsein leicht in den Hintergrund, dass Gleichberechtigung und Integration nicht gelingen können, wenn Wohnungsbau, Verkehr und soziale Infrastruktur nur nach Maßgabe eindimensionaler Kriterien geplant werden. Es zeigt sich, dass Gender-Mainstreaming oft oberflächlich bleibt, wenn Frauen lediglich als Klientel oder Fallgruppe eingeführt werden, ohne ihre konkreten Planungsbefugnisse zu verankern.
Die aktuelle Forschung (z.B. Hoffelner 2018) verweist darauf, dass Frauen in der Planungspraxis und Politik Österreichs insgesamt immer noch in der Minderheit sind. Zwar bemühen sich große Städte um eine frauenfreundlichere Raumgestaltung, doch in Planungsverwaltungen und politischen Gremien dominieren nach wie vor Männer; Posten mit echten Entscheidungsbefugnissen sind vielfach von Männern besetzt. Die Folge ist, dass beim Entwurf von Plänen weiterhin Männer als ungeschriebener Durchschnittsnutzer gelten. Gleichstellungs- oder Frauenbüros in Ämtern haben sich zwar etabliert, doch ihre Empfehlungen werden nicht immer umgesetzt. Experteninterviews betonen, dass Gender Mainstreaming nur dann wirksam sein kann, wenn Verantwortliche (auch Männer in Führungspositionen) das Thema als relevant begreifen und entsprechend Ressourcen bereitstellen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Verankerung in der Ausbildung: Hochschulen für Architektur und Stadtplanung haben nur zögerlich Agenda-Themen in ihre Curricula aufgenommen. Ein Beispiel ist die TU Wien, die zwar mittlerweile einen Bereich „Genderkompetenz“ unterhält und teilweise weibliche Studierende stärker fördert. Dennoch liegt der Schwerpunkt in vielen Planungsstudiengängen noch auf klassischer Theorie. Es fehlt oft theoretisches Wissen und praxisnahes Training in geschlechtergerechter Entwurfsplanung. Dies schlägt sich nieder in einem Fachkräftemangel bei Berater:innen für genderinklusive Entwicklung: Wenn Stadtplanende, Verkehrsingenieur:innen oder Wohnbauexpert:innen frisch aus der Uni kommen, fehlt ihnen meist spezifisches Wissen für eine sensibel ausgerichtete Planung.
In Summe fordern Gender-Studien und Planungsforschende daher eine Renaissance feministischer Stadtplanung: Sie schließen an frühe Stimmen wie Jane Jacobs an, die (als Frau in einer Männerdisziplin) bereits 1961 Kriterien für sichere Nachbarschaften formulierte. Jacobs‘ Blick auf „Mixed Uses“ und Nachbarschaftsdynamik wird heute ergänzt durch Konzepte wie „15-Minuten-Stadt“, die kurzen Wege zu sozialen Orten schafft, oder den „Caring City“-Ansatz, der Nachhaltigkeit und Solidarität in den Mittelpunkt rückt. Gleichzeitig werden die Erfahrungen von Kollektiven wie SPOLKA sichtbar, die in osteuropäischen Städten zeigen, wie partizipative, feministische Räume konkret gestaltet werden können.
Workshopbeschreibung: Methode und Ablauf
Um die theoretischen Konzepte mit praktischer Erfahrung zu verknüpfen, wurde ein eintägiger FLINTA*-Workshop mit etwa 7 Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen Bereichen. Zielgruppe waren bewusst Personen, die sich als Frauen, Lesben, Inter-, Nichtbinäre, Trans- oder Agender-Personen begreifen. Der Workshop knüpfte an aktuelle Diskussionen um „fear and safety“ im urbanen Raum an und sollte einerseits individuelle Erfahrungen sichtbar machen, andererseits konkret nach planerischen Lösungen suchen.
Der Ablauf orientierte sich an partizipativen Methoden. Zunächst untersuchten die Teilnehmer:innen exemplarisch zwei Orte im 20. Wiener Gemeinde Bezirk und dokumentierten ihr Wahrnehmung. Sie fotografierten Raumkonstellationen, in denen sie Probleme oder Entwicklungspotentiale sahen. Sie beschrieben welche Orte sie als Angsträume empfinden und warum.
Die dokumentierten Raumgefüge der jeweiligen Orte wurden auf einer Karte markiert und qualitativ beschrieben. Auf diese Weise wurden Gemeinsamkeiten ersichtlich: Viele nannten unübersichtliche Situationen, Parkplätze, Fußgängerunterführungen oder schlecht beleuchtete Flächen.
Neben der physischen Beschreibung teilten die Teilnehmerinnen auch subjektive Aspekte: Gefühlte Einsamkeit, das Erinnern an eigene oder kollektive Bedrohungserfahrungen, Misstrauen gegen Unbekannte.
In einem zweiten Schritt sollten die Teilnehmer:innen die ausgewählten Räume analysieren und gemeinsam Ideen entwickeln, wie dieser Ort umgestaltet werden könnte. Dabei standen ihnen Stifte und Stadtpläne zur Verfügung.
Die Teilnehmer:innen gingen teils kreativ und teils analytisch vor: Einige forderten mehr Grünräume und Sitzmöglichkeiten, um die Aufenthaltsqualität zu steigern. Andere setzten auf „Belebung“ durch Aktivitäten, wie etwa mobile Cafés oder Kunstinstallationen. Wieder andere fokussierten sich auf technisch-pragmatische Lösungen wie Beleuchtung und Übersichtlichkeit. Wichtig war, dass jede Maßnahme unter Einbeziehung der zuvor erarbeiteten Bedürfnisse und Emotionen ausgewählt wurde. So wurde beispielsweise vorgeschlagen, eine unsichere Unterführung in einen „Urban-Gardening“-Ort zu verwandeln, an dem Anwohner:innen Gemüsebeete anlegen können. Dadurch entsteht dauerhafter Publikumsverkehr und das Bewusstsein für den Ort steigt. Andere Teilnehmer:innen schlugen vor, die vorhandene Sportanlage der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und so einen Ort der Gemeinschaft zu schaffen, der von der gesamten Nachbarschaft genutzt wird.
Der Workshop wurde durch eine Diskussionsrunde reflektiert, in der alle Teilnehmer:innen ihre Vorschläge vorstellten. Dabei wurden die positiven Aspekte (z. B. zusätzliche Sichtbeziehungen, Rückzugsflächen für Gespräche) und mögliche Konfliktpunkte (z. B. Lärm durch neue Nutzung) besprochen. Ein besonderes Augenmerk lag auf der Frage, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen tatsächlich den Bedürfnissen aller FLINTA*-Teilnehmer:innen entsprechen. Einige Teilnehmer:innen betonten, dass eine verbesserte Beleuchtung allein nicht ausreiche – auch die Pflege und Sauberkeit des Ortes sowie klare Zuständigkeiten dafür müssten etabliert werden, damit die Veränderungen langfristig wirksam seien.
Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass der Workshop konkrete, anwendungsorientierte Vorschläge hervorbrachte, die sich fast ausnahmslos an den bekannten Gestaltungsprinzipien für Sicherheit.
Reflexion der Workshop-Ergebnisse
Übereinstimmungen mit Planungslehre und Theorie
Die Ergebnisse des FLINTA*-Workshops bestätigen viele bereits bekannte Ansätze der geschlechtergerechten Stadtplanung. So wird beispielsweise deutlich, dass auch Laien intuitiv auf die Jacobs’schen Sicherheitsprinzipien zurückgreifen. Die Vorschläge für mehr Aufenthaltsqualität (zum Beispiel offene Bepflanzung, Fensterflächen und Balkone Richtung Straße und möglichst durchgängig belebte Straßen) spiegeln exakt Jacobs' Forderungen wider.
Gleichzeitig haben viele Vorschläge einen explizit genderfokussierten Ansatz. So forderten die Teilnehmenden etwa einen spezifischen Begegnungsort für Anwohner:innen. Einige Teilnehmer:innen fokussierten sich auf eine inklusive Stadtplanung, damit auch Personen mit Beeinträchtigungen gleichberechtigt im städtischen Raum sind. Dies deutet darauf hin, dass durch die FLINTA*-Perspektive oftmals unbeachtete Bedürfnisse von marginalisierten Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden.
Eine Workshopteilnehmerin fasst zusammen: „Wir gestalten ja keine theoretische Normstadt, sondern planen unsere individuellen Alltagserfahrungen ein.“ Genau diese Herangehensweise entspricht feministischer Kritik, der zufolge Stadtplanung nicht in abstrakten Kategorien von Sicherheit und Funktion erfolgen sollte, sondern die Vielfalt der Bewohner:innen ernst nehmen muss.
Die Workshop-Ergebnisse greifen darüber hinaus zentrale Inhalte aus dem World Bank/UN-Habitat Handbook for Gender-Inclusive Urban Planning auf. Dieses fordert, dass Städte nicht mehr primär für und von Männern gebaut werden dürfen – eine Erkenntnis, die in den Workshop-Diskussionen immer wieder auftauchte. Die Teilnehmer:innen nannten konkret: Aufenthaltsräume und Eingänge so zu gestalten, dass sie vor Fahrzeugstraßen geschützt sind (etwa Vorgärten oder verkehrsberuhigte Zonen), und bei Wohngebäuden Zimmer zum Gehsteig zu orientieren, um von Innen heraus „über die Schulter zu schauen“. Jeder Verbesserungsvorschlag zielte darauf ab, dass alle Stadtteile und Infrastruktursegmente tagsüber wie nachts genutzt werden können, weil Lebensqualität steigt, je mehr sich ein Raum ganzheitlich der Gemeinschaft öffnet. Dies deckt sich mit dem Handbuch-Kernpunkt, dass inklusive Planung die Teilhabe am öffentlichen Raum maximiert und Sichtbarkeit für alle Nutzer:innen erhöht.

Funktionale Mischung und soziale Kontrolle
Ein wesentliches Thema im Workshop war die funktionale Durchmischung des Stadtraums. Mehrmals wurde vorgeschlagen, bisher eintönig genutzte Areale durch zusätzliche Nutzungen zu beleben. Beispielhaft wurde diskutiert, wie eine Wohnsiedlung abends sicherer werden kann, wenn dort auch ein Supermarkt, ein Café oder eine Bibliothek entstehen würde. Durch solche Strategien entsteht ein Nachbarschaftsnetzwerk, in dem Menschen häufiger auf kurze Strecken zu Fuß unterwegs sind. Dieser Ansatz findet sich auch in feministischen Planungsleitlinien: Eine vielfältige Mischung an Funktionen, insbesondere in der Nahversorgung und dem Freizeitbereich, wird immer wieder als Maßnahme genannt, um konstante Präsenz im öffentlichen Raum zu erzeugen.
Verbunden damit ist der Aspekt der sozialen Kontrolle. Die Workshopteilnehmenden verdeutlichten, dass mit mehr Alltagsaktivitäten das Gefühl von Sicherheit im öffentlichen Raum steigt. Dieser Effekt wurde in Anlehnung an Jane Jacobs diskutiert: Wenn mehr Menschen – selbst, wenn sie sich nicht kennen –denselben Raum regelmäßig nutzen („vertraute Fremde“), steigt die gegenseitige Aufmerksamkeit. Ein solches Phänomen trägt auch aus feministischer Sicht dazu bei, unerwünschtes Verhalten zu unterbinden, da mehr Augenpaare auf den öffentlichen Raum gerichtet sind. Im Workshop war daher die Forderung zu hören, nicht nur bauliche Veränderungen vorzunehmen, sondern auch soziale Angebote auszubauen (z.B. Gemeinschaftstreffen oder Nachbarschaftsfeste), um „Lebendigkeit“ zu schaffen. Dies passt zum feministischen Konzept, dass Stadtplanung nicht nur „steinerne Infrastruktur“, sondern auch „weiche Faktoren“ wie Kultur und Gemeinschaftssinn fördern muss.
Als wichtiges Ergebnis zeigte sich außerdem, dass öffentliche Verkehrsmittel sicherer gestaltet werden sollen. Die Teilnehmer:innen empfahlen, Haltestellen nicht isoliert zu planen, sondern in die Umgebung zu integrieren. Beispielsweise könnte ein Kiosk oder ein „Social-Space“ neben der Haltestelle für Kundenverkehr sorgen, so dass nie lange einsame Dunkelperioden herrschen. Damit knüpfen die Vorschläge an Forschung an, die zeigt, dass mangelnde Sichtbarkeit an Haltestellen Frauen besonders beunruhigt. Die Integration von Mobilität und Aufenthaltsqualität (Breitstelle mit Sitzbänken, Nähe zu Spielplätzen oder Freiluftbibliotheken) schafft soziale Präsenz und fügt sich nahtlos in den Gesamtkontext feministischer Planungsideen ein.

Sichtachsen, Beleuchtung und Care-Aspekte
Die Workshoparbeit hob noch weitere spezifische Planungselemente hervor: Sichtachsen und Beleuchtung standen im Zentrum. Die Teilnehmerinnen betonten, dass alle öffentliche Wege so entworfen werden sollten, dass Bewohner:innen sie von ihren Wohnungen oder Geschäften aus einsehen können. Das bedeutet zum Beispiel, keine Mauern entlang von Wegen zu errichten, sondern Durchblicke zu lassen. Auch geringe Bepflanzungen („sichtdurchlässige Stauden statt blickdichter Hecken“) wurden genannt. In feministischer Theorie gilt diese Offenheit als Ausdruck von Transparenz und Inklusion: Ein offener Stadtraum „zeigt sich selbst“ und schließt niemanden aus. Die Beleuchtung der Wege sollte intelligent gesteuert sein (gleichmäßige Lichtverteilung ohne starke Schattenräume), und wichtige Abzweigungen oder Unterschneidungen müssten besonders hervorgehoben werden.
Eng damit verwoben ist das Konzept der Care-Arbeit im öffentlichen Raum. Hier drehte sich die Diskussion darum, wie stadträumliche Gestaltung die unsichtbare, aber überall anfallende Sorgearbeit unterstützen kann. Ein Beispiel aus dem Workshop war der Vorschlag, beleuchtete Spielplätze nicht nur tagsüber, sondern auch in den Abendstunden geöffnet zu halten, damit alleinerziehende Elternteile ihre Kinder sicher begleiten können. Ebenso wurden öffentliche Toiletten, Wickelmöglichkeiten oder sogar Schließfächer für Taschen genannt – Maßnahmen, die konkret auf die Bedürfnisse vornehmlich weiblicher (oder genderdiverser) Nutzer:innen abzielen. Diese Vorschläge stimmen mit fachwissenschaftlichen Forderungen überein, dass „Care-Infrastruktur“ (Kindergärten, Seniorenplätze, Rückzugsort für Pflegepersonal) in Quartierplanungen systematisch mitgedacht werden muss, um ein wirklich inklusives Stadtleben zu ermöglichen.
Strukturelle Ursachen von Angsträumen
Bei der Reflexion der Workshop-Ergebnisse wurde immer wieder auf strukturelle Ursachen verwiesen. Die Teilnehmer:innen machten deutlich, dass Angsträume kein Zufallsprodukt sind, sondern in langfristigen Planungsprozessen wurzeln. So wurde der historisch-gesellschaftliche Hintergrund thematisiert: In der Nachkriegszeit wurden viele Städte aus ökonomischen Erwägungen heraus so geplant, dass Auto- und Wirtschaftsinfrastruktur dominieren. Parkgaragen, Schnellstraßen oder reine Büroviertel entstanden, die abends menschenleer sind. Da damals vorrangig Männer als Stadtnutzer angenommen wurden etwa Straßenbeleuchtung und Fußweganbindung für die „Restbevölkerung“ an zweiter Stelle gesetzt. Diese Nachwirkung ist auch heute noch spürbar: Viele Angsträume sind ehemalige Transit- oder Versorgungsflächen, die in neuen Konzepten keine Rolle mehr spielen. Die Gruppe argumentierte daher, dass Planende diese Vergangenheit explizit untersuchen und gegebenenfalls rückbauen oder nachnutzen müssen. So könnte etwa eine ehemalige Fabrikhalle in ein gemeinsame Alltagszentren umgewandelt werden, statt sie leerstehen zu lassen.
Auch soziale Barrieren spielen eine Rolle: Wenn bestimmte Gruppen (etwa obdachlose Menschen, Jugendliche oder migrantische Familien) systematisch aus dem Zentrum verdrängt werden, entstehen Räume, in denen diese Menschen abends unter sich sind – und für Außenstehende umso befremdlicher wirken. Der Workshop diskutierte, dass Ausgrenzung das Angstgefühl noch verschärft. Ein Vorschlag war, an marginalisierten Gruppen orientierte Angebote einzurichten und transparente Sicherheitskonzepte zu kommunizieren, um Vorurteile abzubauen. Dieser Fokus auf strukturelle Gleichstellung erinnert an den Gender-Mainstreaming-Ansatz, der fordert, dass Unterschiede in Lebenslagen anerkannt und abgefedert werden, statt sie einfach als gegeben hinzunehmen.
Institutionelle Hemmnisse und Verantwortlichkeiten
Schließlich wurde im Workshop die Rolle institutioneller Rahmenbedingungen angesprochen. Als Haupthindernis wurde genannt, dass in vielen Planungsämtern das Thema Geschlechtergerechtigkeit nicht als Priorität angesehen wird. Es fehle oft an klaren Zuständigkeiten: Wer ist überhaupt für „Angstfreiheit“ oder „Barrierefreiheit“ zuständig – die Verkehrsabteilung, die Stadtplanung, die Gleichstellungsbeauftragte? Solange solche Fragen nicht geklärt sind, geraten gute Ideen in bürokratischem Sand.
Eine wichtige Erkenntnis war auch, dass Verantwortung aktiv übernommen werden muss. In der Abschlussdiskussion appellierte eine Teilnehmerin: „Wenn Planerinnen (oft sind das Männer) Macht über den Stadtraum haben, müssen sie sich dessen bewusst sein und ihre Entscheidungen daraufhin reflektieren.“ Dies entspricht Forderungen der feministischen Planung, die cis-männlich gelesenen Expert:innen als Privilegierte ansprechen: Sie sollen ihr Fachwissen nutzen, um inklusivere Städte zu schaffen, statt traditionelle Machtverhältnisse weiterzudenken. In diesem Sinne könnte etwa ein Bauvorhaben nur bewilligt werden, wenn die Antragsteller:innen darlegen, wie Belange aller Geschlechter berücksichtigt werden.
Ein weiterer institutioneller Aspekt ist die Ausbildung. Im Workshop wurde darauf verwiesen, dass viele Planende schlicht nicht gelernt haben, geschlechtergerechte Werkzeuge anzuwenden. Beispielhaft wurde ein Beitrag zur Architektur- und Raumplanungsausbildung genannt: Wie kann man Studierenden vermitteln, in Entwürfen unterschiedliche Nutzer:innenprofile zu berücksichtigen? Als Lösungsidee setzten die Teilnehmenden auf berufsbegleitende Fortbildungen und verpflichtende Gender-Audits bei großen Projekten. Für die Zukunft wurde vorgeschlagen, genderbezogene Lehrinhalte verpflichtend in Planungsstudiengänge zu integrieren und praxisnahe Lehrbücher wie das World-Bank-Handbuch als Standardwerk zu verwenden.
Fazit und Ausblick
Der vorliegende Workshop hat eindrücklich gezeigt, dass die bei konkreten Angsträumen Lösungen erarbeiten können, die in engem Einklang mit bewährten städtebaulichen Prinzipien stehen, aber gleichzeitig die Perspektive diverser Nutzer:innen stärker einbeziehen. Belebung, Sichtbarkeit, Beleuchtung, Nutzungsvielfalt und Partizipation wurden dabei als Schlüsselbegriffe genannt. Diese Ergebnisse bestätigen theoretische Erkenntnisse: Feministische Planungstheorie und Gender Mainstreaming liefern praxiserprobte Ansätze für eine gleichberechtigte und inklusive Stadtgestaltung. Gleichzeitig verdeutlichen sie, dass ohne kritische Reflexion bestehender Machtstrukturen – etwa die dominierende Rolle männlich geprägter Planungsexpert:innen – viele Standardmaßnahmen nicht ihr volles Potenzial entfalten. Die Workshopsitzungen unterstrichen deshalb, dass Planungsprozesse transparenter und inklusiver gestaltet sein müssen, etwa durch intensive Beteiligung von Anwohner:innen (Gender-Botschafterinnen, Nachbarschaftsräte) und durch interdisziplinäre Zusammenarbeit (z.B. mit Sozialarbeiter:innen und Kriminolog:innen).
Aus den Diskussionen ergibt sich klar, dass in Planungspraxis und Ausbildung Veränderungen nötig sind. Zukünftig sollten Bauprojekte und Stadtentwicklungspläne verpflichtend auf Gendergerechtigkeit hin evaluiert werden. Behörden könnten Anreizsysteme einführen, etwa durch Bonusprogramme für vorbildliche, genderinklusive Projekte. Darüber hinaus ist die Integration von Gender-Themen in die Studiengänge essenziell: Architektur und Stadtplanung müssen Werkzeuge vermitteln, mit denen Studierende unterschiedliche Lebenslagen analysieren und einbeziehen können. Hierfür bieten sich multimodale Lehrmethoden an – Fallstudien, Planspiele und Praxisprojekte, um Studierenden konkrete Handlungsoptionen für geschlechtergerechte Lösungen nahezubringen.
Auf institutioneller Ebene sollten auch die Rahmenbedingungen überdacht werden: Es braucht klare Leitlinien, wer in der Verwaltung für Gender-Themen verantwortlich ist, damit Ideen nicht in Zuständigkeitslücken scheitern. Bund und Länder könnten entsprechende Vorgaben erlassen und Kommunen bei der Umsetzung unterstützen. All dies würde dazu beitragen, dass das Wissen aus Forschung und beispielhaften Modellprojekten systematisch in die alltägliche Planungspraxis einfließt.
Insgesamt zeigt die Auseinandersetzung mit dem FLINTA*-Workshop: Eine geschlechtergerechte Stadtplanung ist nicht nur eine „Frauenthematik“, sondern verbessert Räume für alle. Sie setzt an grundlegenden Stadtstrukturen an: Funktionsmischung, Aktivierung des öffentlichen Raums und vielfältige Nutzerinnenansprüche schaffen lebenswertere Städte. Ihr Erfolg hängt jedoch entscheidend davon ab, dass politische und städtebauliche Verantwortliche den Wert dieser Perspektive anerkennen. Nur wenn Planende verantwortungsbewusst die Erkenntnisse feministischer Theorie und Genderforschung umsetzen, können Angsträume in Orte der Begegnung verwandelt werden.